Durch Freibier zum Sozialismus

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von Kurt Biedenkopf, 1976

Die Menge im Saal des Münchner Hofbräuhauses rief: „Biedenkopf, Biedenkopf".
Da stieg der CDU-Generalsekretär aufs Musik-Podium, das gerade von CSU-Chef
Franz Josef Strauß, Kanzlerkandidat Helmut Kohl und Fraktionschef Carl Carstens
geräumt worden war. Aus dem Stegreif hielt er folgende Ansprache an die
Teilnehmer des CSU-Wahlparteitags, die sich abends vor den Maßkrügen
versammelt hatten:

„Liebe Freunde: Zunächst einmal Prost!

Da von mir theoretische Beiträge erwartet werden, möchte ich auch heute Abend
einen solchen Beitrag leisten. Ich möchte erläutern, wie man durch Freibier zum
Sozialismus kommen kann: Die Freibierstrategie des Sozialismus!

Als ersten Schritt verspricht die Regierung allen Bürgern im Lande Freibier. Jeder
soll im Interesse der Gleichheit Bier umsonst erhalten.

Um sicherzugehen, daß nur noch Freibier angeboten wird, muß als nächstes der
Verkauf von Bier verboten werden. Niemand soll sich durch den Kauf von Bier
besondere Privilegien verschaffen können. Das Verbot ist somit eine notwendige
Maßnahme sozialistischer Gerechtigkeit zum Abbau unerträglicher Privilegien. Da
alle Gastwirte Bier nunmehr kostenlos ausschenken, verdienen sie nichts mehr. Sie
müssen deshalb in den öffentlichen Dienst übernommen werden. Dabei spielt die
Parteizugehörigkeit eine wesentliche Rolle.

Zur Ordnung dieses wichtigen neuen Zweiges des öffentlichen Dienstes wird ein
Beauftragter für Bierausschank berufen. Ihm wird zur Sicherung von mehr
Demokratie ein drittelparitätisch besetztes Gremium zur Seite gestellt, in dem die
Gastwirte, die Konsumenten und die Kellner vertreten sind.

Da die Regierung Freibier versprochen hat, muß sie dafür Sorge tragen, daß
ausreichend Freibier zur Verfügung steht. Sie muß deshalb die Produktion von Bier
kontrollieren und die Investitionen der Brauereien lenken. Da die Verantwortung des
Staates für das Wohl der Bürger unteilbar ist und die Einhaltung des Freibierver-
sprechens nicht am Profitstreben scheitern darf, ist die Verstaatlichung der
Brauereien der nächste notwendige Schritt auf dem Weg zum Sozialismus.

Um die staatlichen Brauerei-Aufgaben wahrzunehmen, wird ein staatliches Bieramt
errichtet und ein Präsident des Amtes berufen. Er trägt, zusammen mit den
Unterbehörden, die Verantwortung für den Bierausstoß.

Die Brauereien wiederum sind vom Hopfenanbau abhängig. Ohne guten Hopfen kein
gutes Bier. Die Regierung muß deshalb auch die Verantwortung für den
Hopfenanbau übernehmen. Dazu muß das Bieramt durch eine Hopfenbehörde
erweitert werden.

Nach der Übernahme der Gastwirte in den öffentlichen Dienst, der Verstaatlichung
der Brauereien und der Vergesellschaftung des Hopfenanbaus sind alle
Voraussetzungen für die Einlösung des Freibierversprechens geschaffen. Der
Verwirklichung sozialistischer Gleichheit im Bierkonsum steht nichts mehr im
Wege.

Dann treten jedoch Lieferschwierigkeiten auf. Der Bierausstoß bleibt hinter den
Erwartungen zurück, da die Brauer mit dem Ausfüllen von Formularen und der
Arbeit in den demokratischen Gremien beschäftigt sind. Um diesem Übelstand
abzuhelfen, wird die Regierung den Bierausstoß durch die Zugabe von Wasser
inflationieren. Das Bierangebot wird dadurch erhöht.

Aber die Qualität wird schlechter. Deshalb sind dieser Biervermehrung Grenzen
gesetzt. Und daraus folgt der nächste und abschließende Schritt zum Sozialismus.
Das Bier wird rationiert: Freibier auf Bier-Karten.

Da die Gastwirte im öffentlichen Dienst mehr Dienststunden machen, die Brauereien
weniger produzieren und die Qualität des Bieres immer schlechter wird, sinnen die
Bürger auf Auswege. Der direkte Weg zum guten Bier ist versperrt. Die
sozialistische Bierordnung kann nur noch durch revolutionäre Maßnahmen verändert
werden. Zur Revolution langt es jedoch nicht. So entwickelt sich ein grauer Markt
für Bier. Hopfen wird heimlich angebaut – trotz Strafandrohung. Bier wird heimlich
gebraut. Und Gastwirte verkaufen das neue, gute Bier heimlich gegen Entgelt – vor
allem an die, die gute Beziehungen haben, und an die Mitglieder der Regierung.

Da wir von diesem Umweg zum guten Bier nichts halten: deshalb sind wir gegen
Sozialismus!"

Anno 1976

 

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